Die Pressegespräche wurden auch genutzt, um Winfried Hoffmann als neuen Caritasdirektor der Öffentlichkeit vorzustellen. Zurzeit macht sich der Diplom-Pädagoge und Sozialmanager ein eigenes Bild von den Einrichtungen und Dienststellen, durch Begegnungen mit Mitarbeitenden und Klient*innen vor Ort. "Überall werde ich herzlich willkommen geheißen", so der Caritasdirektor, den die bunte Vielfalt des Caritasverbandes schon bei der Stellenausschreibung angesprochen habe. "Bunt wie die Welt, so vielfältig erlebe ich diesen Verband und ich freue mich darauf, mit den Mitarbeitenden gemeinsam Rahmenbedingung zu schaffen, dass Menschen in unterschiedlichen Notlagen, die Hilfe bekommen, die sie brauchen."
Sechs stationäre und über 40 ambulante Einrichtungen und Dienste erstrecken sich über die Landkreise Darmstadt-Dieburg, Odenwald, Bergstraße sowie die kreisfreie Stadt Darmstadt. Bei der Caritas mitzuwirken, zu gestalten und Dinge voranzubringen, all dies ist Winfried Hoffmann sehr vertraut, denn 19 Jahre hat der gebürtige Landauer beim Caritasverband für die Diözese Speyer e. V. und der Caritas-Betriebsträgergesellschaft Speyer mbH Führungspositionen ausgeübt. "Nun freue ich mich darauf, neue Herausforderungen im Wirkungskreis des Darmstädter Caritasverbandes anzupacken und gemeinsam mit den Caritasmitarbeitenden alte und neue Wege zu erkunden", so der Caritasdirektor.
Großer Arbeitgeber in der Region
Auch Stefanie Rhein ist froh, dass die Doppelspitze wieder komplett ist. Die 49-jährige Diplom-Sozialpädagogin ist seit über 16 Jahren im Verband tätig und gehört dem Vorstand seit fünf Jahren an. Zehn Monate trug sie nun allein die Verantwortung im Verband. Dieser zählt mit 1492 Mitarbeitenden und einer Bilanzsumme von 56,7 Millionen Euro zu einem großen Arbeitgeber der Region. "Das Personal ist in unserem Verband die wichtigste und größte Ressource", so die Caritasdirektorin. "Die Personalkosten belaufen sich auf 34,41 Millionen Euro. In der Pflege sind rund 35 Prozent der Mitarbeitenden tätig. "In unseren sieben ambulanten Pflegediensten und vier stationären Alten- und Pflegeheimen suchen wir dringend Pflegefachkräfte. Wir könnten rund 20 weitere Mitarbeitende beschäftigen, um alle Anfragen Hilfesuchender allein im ambulanten Bereich erfüllen zu können." Auch im stationären Bereich könnten rund 15 weitere Stellen besetzt werden. Das Personalmanagement gewinne damit zunehmend an Bedeutung, denn der demografische Wandel werde die Problematik der Personalengpässe weiter verstärken. Mit einer geplanten Pflegekampagne erhofft sich der Vorstand, neue Mitarbeitende zu gewinnen.
Anstieg psychosozialer Krisen durch Corona
Ein großes Thema der nächsten Zeit sei auch, die Folgen der Corona-Pandemie aufzuarbeiten. Bei so manchen Menschen habe sich in den letzten eineinhalb Jahren durch Corona eine Hilflosigkeit, Orientierungslosigkeit und Perspektivlosigkeit eingeschlichen. "Werden keine angemessenen Strategien gefunden, greifen manche Menschen zu Suchtmitteln, um die Situation bewältigen zu können", erklärt Winfried Hoffmann, in dessen Zuständigkeitsbereich die Suchthilfe mit ambulanten, stationären und teilstationären Hilfsangeboten gehört. Der Zeitraum zwischen der Entstehung eines Suchtproblems und der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten betrage nicht selten mehrere Jahre. Daher sei es eine wesentliche Zielsetzung der Suchthilfe, die Menschen für diese Problematik zu sensibilisieren und den Zugang zum Hilfesystem durch persönliche Suchtberatung, digitale Angebote oder Konsumreduktionsprogramme zu erleichtern.
Einen deutlichen Anstieg nach einer existenzsichernden Beratung hatten die Mitarbeitenden der Allgemeinen Lebensberatung im ersten Lockdown erlebt. Bestehende Existenzsorgen spitzten sich zu, wenn z. B. Alleinverdienende von Kurzarbeit betroffen waren, Arbeitsplätze gekündigt, Verträge nicht verlängert wurden oder das zweite Gehalt wegfiel, weil ein Elternteil zur Betreuung und Beschulung der Kinder der Erwerbstätigkeit nicht mehr oder nur eingeschränkt nachkommen konnte. Im zweiten Lockdown gab es einen erheblichen Anstieg der psychosozialen Beratung und der Krisenintervention. "Aus existenziellen Notlagen wurden akute persönliche Lebenskrisen, die es zu begleiten gilt", so Stefanie Rhein. Das Angebot der Allgemeinen Lebensberatung steht allen Menschen offen, kostenfrei und das im nächsten Jahr bereits seit 100 Jahren.
"Einen Anstieg an Beratungsbedarf gab es auch in der Gemeindepsychiatrie", fährt sie fort. "Zu Beginn der Pandemie suchten verstärkt die Angehörigen den Telefonkontakt. Ab Herbst 2020 nahmen die Anrufe von Betroffenen zu, da sich bei den hiesigen Therapeuten die Wartezeiten massivst verlängert hatten." So zählte allein die Beratungsstelle in Darmstadt 418 zusätzliche Telefonkontakte. Die Direktorin blickt mit Stolz auf die Leistungen der Mitarbeitenden: "Auch in den schwersten Monaten von Corona haben sie mit den hilfesuchenden Menschen auf neuen Wegen Kontakt gehalten." Es wurden kreative Änderungen vorgenommen, um den Betrieb weiterhin aufrecht zu erhalten. Mit "Anti-Langeweile-Pakete", online Bewegungsangebot oder Mittagessen to-go wurde der Kontakt gehalten. In Einzel-Spaziergängen und täglichen Telefonaten konnten Fragen beantwortet und Ängste genommen werden. "Das Gefühl zu vermitteln, für die Menschen da zu sein und zuzuhören, zog sich durch all unsere Dienste."
Online-Beratung
Auch habe der Verband das Angebot der Online-Beratung ausgebaut, als die Beratungsstellen wegen Corona nur eingeschränkt erreichbar waren. Berater*innen wurden speziell fortgebildet, denn es sei Anspruch der Caritas, online zu den Ratsuchenden ebenso wirksame Beratungs-Beziehungen aufzubauen wie in der face-to-face-Beratung. Die Online-Beratung sei nun dauerhaft etabliert und sei kostenlos, anonym und sicher.
Im nächsten Jahr feiert der Verband sein 100-jähriges Bestehen
Seit 1922 bietet der Caritasverband Darmstadt e. V. seine Hilfeangebote an. Damals war die soziale Lage der Menschen in Darmstadt geprägt von Arbeitslosigkeit, Hunger, Not, rasant ansteigender Geldentwertung und bitterer Armut im Alter. Daher gründete Studentenseelsorger Prof. Wilhelm Schleußner den Caritasverband für Darmstadt. 100 Jahre später bietet der Verband zahlreiche Hilfeangebote für Menschen in schwierigen Lebenssituationen, immer am Puls der Zeit. Das soll 2022 entsprechend gefeiert werden.
Zahlen / Daten / Fakten - 2020:
- 1122 Menschen kamen in die Allgemeine Lebensberatung
- 857 Menschen kamen in die Schwangerschaftsberatung
- 2487 Menschen nahmen die Suchthilfeangebote in Anspruch
- 1500 Menschen nahmen die Angebote der Gemeindepsychiatrie in Anspruch
- 1032 Menschen aus 40 Nationen nahmen die Hilfeangebote der Migrationsberatung in Anspruch
- 490 Kinder mit Behinderungen und Entwicklungsverzögerungen wurden von der Geburt bis zur Einschulung in den Caritas Frühberatungsstellen versorgt
- 1492 Mitarbeitende arbeiten im Verband, 1119 davon in Teilzeit. Zudem engagieren sich rund 400 Frauen und Männer ehrenamtlich in vielen Einrichtungen und Dienststellen. Weitere 400 engagieren sich im Flüchtlingskreis und über tausend sind in der Gemeindecaritas aktiv
- Die Ausgaben des Verbandes finanzierten sich zu 63,25 Prozent über Leitungen der Sozialversicherung, zu 12,71 Prozent über Öffentliche Zuschüsse und 12,01 Prozent über Beiträge, 11,77 Prozent über Mittel der Caritas wie Kirchensteuer, Mieten, Zinsen oder Förderfonds und 0.27 Prozent über Spenden und Stiftungen, von Menschen, die die Arbeit der Caritas unterstützen.
Mehr unter: www.caritas-darmstadt.de