wichtige Impulse für den Praxisalltag zu erfahren und die Pausen für ein Kennenlernen und Vernetzen zu nutzen.
Mit vielen Praxisbeispielen aus seinem Arbeitsalltag informierte der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Mitarbeitende aus Kitas, Schulen, Kliniken, Sozialpädiatrischen Zentren, der Jugendhilfe, Erziehungsberatung, Caritaseinrichtungen und auch Privatpersonen über seine Erfahrungen im Umgang mit Kindern psychisch kranker Eltern und dem Umgang mit den Eltern selbst. Da ein gutes Netzwerk und ein abgestimmtes Miteinander von Psychiatrie und Kinder- und Jugendhilfe sehr wichtig sei, um die Familien zu stabilisieren, die durch Krankheit, Sorgen, Ängste und Probleme aus dem Gleichgewicht geraten sind, konnten neben den Impulsen für die tägliche Arbeit beim Fachtag auch wichtige neue Kontakte geknüpft werden.
Hilfe muss früh erfolgen - schon Neugeborene leiden unter traumatisierten Müttern
Aus eigener Erfahrung weiß der Referent, dass Präventionsgruppen für Kinder psychisch kranker Eltern bei einem Alter von fünf Jahren schon deutlich zu spät kommen. Viele der Kinder haben da bereits Zeichen emotionaler, sprachlicher und motorischer Entwicklungsverzögerungen, Aufmerksamkeitsdefizitsymptome oder Verhaltensauffälligkeiten. Aus der ursprünglich geplanten Prävention wird dann bereits eine Therapie. "Selbst Neugeborene tragen schon ein schweres Päckchen, wenn die Mütter traumatisiert sind", so Michael Hipp. "Um bindungsgestörten Kindern zu helfen, braucht es eine frühe Hilfe und die Stabilisierung der Eltern muss immer mit im Blick sein." Auch sei es wichtig, empathisch zu sein aber klare Grenzen zu setzen, abgestimmt zu handeln, sich konkret an Strukturen zu halten und als Fachkraft nie symbiotisch zu sein.
Vertrauensbildende Beziehungsgestaltung zu Eltern und Kindern
Die Auseinandersetzung mit den Krankheitsbildern und auch deren Folgen zu kennen, sei wichtig, um die Hilfe besser anzupassen. Denn die Leidtragenden seien die Kinder, wenn wegen der Eltern Hilfeprozesse abgebrochen werden, ohne dass die Hilfe bei den Kindern ankomme. Ein großer Fokus müsse in der Arbeit daraufgelegt werden, wie die Eltern durch die Hilfe befähigt werden, die Fürsorge gegenüber den Kindern zu verbessern. "Wir müssen früh an die Eltern rankommen, die Eltern regulieren, denn nur regulierte Eltern können ihre Kinder regulieren", so der Mediziner. Wie kann ich als Berater*in Kontakt zu kontaktgestörten Menschen aufbauen? Wie kann das Fürsorgeverhalten der Eltern gestärkt werden? Wie eine Bindung aufgebaut werden? Auf all diese Fragen hatte der Referent die passenden Antworten. Daneben wurden Beobachtungskriterien zur Einschätzung der Belastung der kindlichen Bindungsentwicklung beschrieben
Familien mit komplexem Hilfebedarf nehmen stetig zu
Für die beiden Caritas Fachdienste Frühberatung und Gemeindepsychiatrie war es wichtig, das Thema aufzugreifen, da die Zahl der Familien mit komplexem Hilfebedarf stetig wächst. Oftmals wird der Umgang mit den belasteten Familiensystemen durch die Tabuisierung der psychischen Erkrankungen, Ängste der Eltern vor einer Infragestellung ihrer Erziehungskompetenz, Unsicherheiten der Fachkräfte im Umgang mit den beobachteten Psychopathologien und Perspektivdifferenzen der beteiligten Institutionen erschwert. Durch den Fachtag wurde der Kinderschutz als zentrale gesellschaftliche Aufgabe in den Mittelpunkt gerückt und die Teilnehmer*innen erhielten Antworten auf viele Fragen.
Hintergrundinfo:
Dr. med. Michael Hipp istArzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Er ist ehemaliger Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes Hilden, Mitbegründer des Förderkreises KIPKEL e.V. Prävention für Kinder psychisch kranker Eltern im Kreis Mettmann, Initiator der Kooperationsvereinbarung zwischen der Erwachsenenpsychiatrie und der Jugendhilfe des Kreises Mettmann, und Dozent der Fachhochhochschule Münster und der Hochschule Bremen für die Referate Weiterbildung im Rahmen der Zertifikatskurse "Sozialpsychiatrische Fachkraft in der Arbeit mit Familien"