Zur Mittagessenszeit und zu den Ruhezeiten ist alles ruhig, auch wenn die Bauphase im März noch am Laufen ist. Das habe ganz gut funktioniert, berichtet Melanie Hagedorn, die sich stets mit den Architekten ausgetauscht hat. Wichtig sei immer gewesen, dass die Menschen, die hier leben, so wenig wie möglich durch den Baulärm gestört waren. Keine leichte Aufgabe, wenn ein so großes Haus wie das Caritas Alten- und Pflegeheim bei laufendem Betrieb umgebaut wird. In Bürstadt ist das dem Team sehr gut gelungen. Acht Hausgemeinschaften mit 94 Einzelzimmern stehen ab Mai zur Verfügung.
Vom Pflegeheim zur Hausgemeinschaft - familiäre Wohngruppen ersetzen das Konzept der Wohnheime
2018 startete in Bürstadt die Bauphase mit dem Neubau. Trotz Corona und all seinen Einschränkungen gelang es, den 1300 Quadratmeter großen Anbau mit nur wenigen Monaten Zeitverzögerung fertig zu stellen. 24 neue Zimmer sind so entstanden, die sich auf zwei Ebenen und somit auf zwei Hausgemeinschaften verteilen. Im August 2020 wurde der Neubau coronabedingt in kleinstem Kreise eingeweiht. Nach der Fertigstellung des Neubaus folgte die nächste Bauphase. In drei Bauabschnitten wurde das Haupthaus umfassend saniert. Es entstanden weitere sechs Hausgemeinschaften mit je 12-14 Plätzen. Die bestehenden Doppelzimmer wurden zu Einzelzimmern. Energetische Sanierungsmaßnahmen - die Inbetriebnahme eines Blockheizkraftwerkes ergänzt durch eine Photovoltaikanlage - stellen nun die Energieversorgung des Betriebes sicher und tragen zu einer erheblichen Verringerung des CO2-Ausstoßes von ca. 130 Tonnen pro Jahr bei.
Melanie Hagedorn begleitete diese schwierige Phase zunächst als Wohnbereichs- dann als Pflegedienstleitung und seit 2023 als Heimleiterin. Dankbar ist sie, dass die Bewohner*innen und das Team diese Zeit alle an einem Strang gezogen haben. Die Mühe und die Investition in das heute 35 Jahre alte Haus habe sich jedenfalls gelohnt. Der Caritasverband Darmstadt investierte rund zehn Millionen Euro in die Modernisierung der Einrichtung. Das Land Hessen beteiligte sich mit 3.5 Millionen Euro.
Familiäre Wohngruppen ersetzen das Konzept der Wohnheime
Die Einzelzimmer der Bewohner*innen mit jeweils eigenem Bad sind hell und freundlich, die Unterbringung ist in der kleinen Wohneinheit, Hausgemeinschaft genannt, familiär. Jede Hausgemeinschaft hat eine große offene Wohnküche, die sich zum Aufenthaltsraum öffnet und dadurch ein möglichst normaler Alltag in der Gemeinschaft gelebt werden kann. Jeder Bewohner und jede Bewohnerin hat die Möglichkeit, eigene Gewohnheiten zu pflegen und Wünsche und Fähigkeiten einzubringen, um so den individuellen Alltag weitgehend selbstbestimmt zu leben.
Umzüge als Herausforderung - Angehörige eng involviert
Durch die drei unterschiedlichen Bauphasen mussten einige Umzüge im Haus gestemmt werden. Meist dauere es zwei Wochen, bis ein kompletter Wohnbereich umgezogen sei. Da packen alle mit an, Heim- und Pflegedienstleitung, das Team und auch viele Angehörige. Gerade für die Menschen, die im geschützten Wohnbereich aufgrund ihrer Demenzerkrankung leben, sei es anfangs schwierig gewesen, sich im neuen Bereich zurecht zu finden. Aber alle hätten sich schnell eingelebt und Melanie Hagedorn erlebt viele jetzt aktiver als vorher. Durch die Einbindung der Alltagsbegleitung könne die Individualität der Bewohner*innen noch stärker als davor in den Blick genommen werden. "In allen Wohnbereichen ist was los, da wird gemeinsam Waffel gebacken, woanders duftet es nach Kuchen, andere kochen Marmelade ein, machen abends Pizza. Wer will, hilft beim Tisch decken und abdecken, viele sind aktiviert und packen gerne mit an", so die Heimleiterin. Von den Pflegegraden seien die Hausgemeinschaften ausgewogen. Dank Spenden konnten zwei Pflegerollstühle für Bettlägerige angeschafft werden. "Auch wenn eine aktive Teilnahme krankheitsbedingt, nicht mehr möglich ist, so nehmen sie doch die Gerüche und positive Atmosphäre wahr." Die leuchtenden Augen der Bewohner*innen bei Veranstaltungen berührten sie auch noch nach über 15 Jahren im Heim und bestätigen sie und das Team in der Arbeit.
Dankbar sei sie auch den Angehörigen, da diese vieles mitgetragen haben. Bei Angehörigenabenden habe sie die Neuerungen immer besprochen, die neuen Zimmerpläne vorgestellt und die Wohnbereiche gemeinsam angeschaut. Möglich sei es, Möbel von zuhause mitzubringen, das werde gerne genutzt und mache die Zimmer individuell.
Jobangebote
Sorgen bereitet ihr, dass sie für die Zimmer schon so viele Anfragen habe, dass das Haus von heute auf morgen voll belegt sein könnte, allein es fehlt an Personal, genauer gesagt sind es sieben Vollzeitstellen an Fachkräften. Auch einjährige Pflegehelfer*innen und Alltagsbegleiter*innen werden gesucht. Die Not der Angehörigen sei bei jedem Telefonat zu spüren. 100 Menschen stehen auf der Warteliste, 35 sind es für den geschützten Bereich für Menschen mit Demenz.
Manchmal bleibe ihr nur, Alternativen aufzuzeigen. Das sei der Teil von ihrem Job, der auch sehr belaste. Ihr Ziel sei die bestmögliche Versorgung, der Menschen, die hier ihr Zuhause haben und zufriedene Mitarbeitende. Jeder Tag sei anders, das sei schön und herausfordernd zugleich. Die familiäre Atmosphäre im Team mache vieles möglich und so habe sie den Schritt als Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin in die Altenpflege zu gehen nie bereut.
Kontakt:
Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth Bürstadt
Rathausstraße 4, 68642 Bürstadt
Tel.: 06206 98 89 11