Sein Vater, der Bürgermeister von Münster a. D., war es, der ihn zu einem mutigen Schritt ermunterte: Klaus Grimm kündigte mit 25 Jahren seine Arbeitsstelle auf der Intensivstation in Groß-Umstadt und wechselte als zweiter Mann in der Diözese Mainz überhaupt in den ambulanten Pflegedienst. So war es auch als ein Versuch zu verstehen, ob die Patient*innen und insbesondere die Frauen, einen Mann tolerieren und akzeptieren würden. Der Versuch glückte und so prägte Klaus Grimm den ambulanten Pflegedienst in Dieburg, Groß-Zimmern und Münster wie kein anderer.
Viele Herausforderungen wurden von ihm in den 40 Jahren gemeistert, zahlreiche Projekte hat er auf den Weg gebracht: Unter anderem baute er, früher als andere, den hauswirtschaftlichen Dienst mit Zivildienstleistenden und Familienpflegehelferinnen aus, bot Hauskrankenpflegekurse an und setzte die Pflegeversicherung um. "Diese veränderte 1995 unsere Welt enorm und für die Sozialstationen war nichts mehr wie vorher", erinnert sich Klaus Grimm. Zum ersten und einzigen Mal musste er für einige Monate mit roten Zahlen kämpfen. Doch dank eines außergewöhnlichen Teamgeistes und guter Konzepte führte er die Dienststelle gut durch diese Krise, so dass keine Kündigungen ausgesprochen werden mussten.
Ehrlicher und fairer Umgang zählt
Auch wenn durch die Pflegereform der verkäuferische Aspekt sehr an Bedeutung gewonnen habe, sei ihm ein ehrlicher und fairer Umgang mit den Kund*innen immer sehr wichtig gewesen. Die Finanzierung muss den Kund*innen erklärt werden und die Beratung, welches Hilfeangebot für wen das Beste ist, seien ein wesentlicher Teil seiner Leitungsaufgabe. Auch Wogen müssen öfters geglättet werden. "Wir verkaufen Dienstleistungen, da erwarten die Menschen, dass alles wie am Schnürchen funktioniert", berichtet Klaus Grimm. "Aber bei der Arbeit mit schwerkranken Menschen kommt es auch mal zu Verzögerungen, so dass ein Besuch nicht auf die Sekunde genau geplant werden kann."
380 Klient*innen werden von dem 51-köpfigen Team versorgt. Das bedeutet für Klaus Grimm 35 Touren pro Wochentag zu planen, am Wochenende und an Feiertagen sind es um die 13. "Wenn morgens um 6 Uhr mein Diensthandy klingelt und sich eine Mitarbeiterin für den Tag krankmeldet, dann muss alles ganz schnell gehen", so der Leiter des ambulanten Pflegedienstes. "Die Klient*innen müssen auf andere Touren verteilt werden. In Extremsituationen muss ich auch selbst eine Tour übernehmen."
Früh- und Spätdienst auch an Sonn- und Feiertagen, dieses Arbeitszeitmodell erwecke bei den jüngeren Mitarbeitenden mehr Skepsis als bei denen, die schon lange im Team dabei sind. "Die jungen Leute sind heute wechselfreudiger." Da brauche es gute Konzepte, die Mitarbeitenden an den Arbeitgeber zu binden. Nach Meinung von Grimm müssten dazu auch Themen wie die Arbeitszeit dringend angepackt werden. "Auch der zwölf-Tage-Dienst müsse auf den Prüfstand. Da braucht es einfach Mut, neue Wege zu gehen."
Vielfalt an Aufgaben mit großem Engagement erfüllt
Dass Klaus Grimm diese Themen mit seiner Expertise nicht mehr mitbegleiten wird, das bedauert Caritasdirektorin Stefanie Rhein sehr, denn sein Mut, etwas Neues auszuprobieren, seine Impulse und Erfahrungen habe er weit in den Verband getragen, über die eigene Station hinaus. Die Vielfalt an Aufgaben habe er über all die Jahre mit großem Engagement erfüllt und auch die Herausforderungen, die in den letzten eineinhalb Jahren wegen Corona zu meistern waren, habe er gut gemanagt. Da braucht es einen besonnenen Chef, der ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme seiner Mitarbeitenden hat, jemanden, der sein Team gut motiviert und auch den Angehörigen und Klient*innen immer mit gutem Rat zur Seite steht.
Klaus Grimm war froh, dass die Sozialstation in den Corona-Monaten immer ihre Aufgaben erfüllen konnte. Lange hatte er Angst vor der Vorstellung, dass die Sozialstation schließen müsse, wenn zu viele krank oder in Quarantäne müssten. Doch trotz anfänglicher Engpässe mit Schutzmaterial seien sie immer arbeitsfähig geblieben.
Nachfolge schon geregelt
Die Direktorin lobte auch das betriebswirtschaftliche Talent von Klaus Grimm. Durch seine prospektive Arbeit sei es ihm gelungen, die Sozialstation mit einem sehr guten wirtschaftlichen Fundament auszustatten. Das freut nicht nur die Direktorin, sondern auch die, die auf ihn folgen. Waren es zu Beginn seiner Zeit zehn Mitarbeitende, so kann Klaus Grimm nun die Verantwortung von (für) 51 Mitarbeitenden in die Hände seiner Nachfolgerin Sandra Braun legen, die nach sechs Jahren Leitungsfunktion in der Ökumenischen Sozialstation Bürstadt nun wieder zu ihren "Caritas-Wurzeln" zurückkehrt. Nach dem Ausscheiden von Herr Grimm wird Sandra Braun mit der bisherigen Stellvertreterin Sylvia Schiavon das Team gemeinsam leiten.
Er werde bestimmt viel vermissen, meint Klaus Grimm, denn die Pflege war für ihn über all die Jahre immer die richtige Berufsentscheidung - aber eines nicht: sein Diensthandy.