Die meisten Menschen, die ihre Hilfe brauchen sind über 80 Jahre alt. Manch eine oder manch einer ist sogar 100. Doch es gibt auch Familien, die sie wegen des Kindes besuchen, weil es krank ist und die Eltern bei der Pflege Unterstützung brauchen. Manche brauchen die Unterstützung einige Monate, andere über Jahre hinweg. Bei Wind und Wetter, bei Eis und Schnee oder auch bei über 30 Grad fahren sie ihre Touren und bei jedem Besuch wartet eine ganz individuelle Aufgabe auf sie. Mal ist es eine Spritze, ein Verbandswechsel, eine Infusion, mal wird ein Klient gewaschen und mancher bis zum letzten Atemzug begleitet. Die 42 Mitarbeitenden der Sozialstation Bürstadt -Biblis - Groß-Rohrheim - Einhausen fahren ca. 200.000 Kilometer im Jahr. Das ist in etwa die halbe Strecke zum Mond. Versorgt werden rund 300 Klienten, manche mehrmals täglich. Hinzu kommen über 600 Beratungsgespräche, denn der Beratungsbedarf von Klienten und Angehörigen ist hoch und in den letzten Jahren stark angestiegen. Viele haben Fragen zur Finanzierung von Leistungen oder wissen nicht, welches Hilfeangebot am besten geeignet ist. Auch die Frage nach Entlastungsangeboten für pflegende Angehörige spielt eine große Rolle. Da braucht es ein persönliches Gespräch mit den Fachleuten.
Für die Hausbesuche bemüht sich das Team, seine Klienten zu den Wunschzeiten mit dem Wunschpersonal zu versorgen. "Jeder Einsatz ist gut geplant, doch die beste Planung wird auch immer wieder mal über den Haufen geworfen, wenn zum Beispiel morgens ein Anruf kommt, dass eine Kollegin erkrankt ist. Dann muss ich sofort Ersatz suchen und manchmal sogar eine Tour selbst übernehmen", berichtet Sandra Braun. Seit 1. Oktober 2014 leitet die ausgebildete Krankenschwester die Sozialstation. "Manchmal würden wir uns über etwas mehr Bereitschaft zur Flexibilität von Klienten und Angehörigen freuen. Wir arbeiten mit Menschen und nicht mit Maschinen, daher kann man nicht alles minutengenau planen, da wir individuell auf alle Situationen eingehen müssen. Da tut es gut, wenn die Klienten etwas Verständnis haben."
Als die Sozialstation vor 40 Jahren gegründet wurde, war der Sitz im Gemeindezentrum St. Michael. Die Ökumenische Sozialstation, damals Bürstadt - Biblis - Bobstadt - Riedrode, wurde von Sr. Firmata geleitet, die von zwei Kolleginnen und einer Fachkraft unterstützt wurde. In den vergangenen 40 Jahren habe sich vieles verändert und mit den Jahren wurde die Arbeit komplizierter, so der Tenor derer, die schon lange in der Branche tätig sind. "Zeit und Kostendruck sind seit Einführung der Pflegeversicherung immer mehr gestiegen. So muss über die Tourenplanung wirtschaftlich gedacht werden, um keine Defizite einzufahren. Fahrzeiten und ein guter Mix aus pflegerischen und medizinischen Leistungen erfordern jeden Tag aufs Neue viel Organisationstalent. Übertragen wird die Tourenplanung heutzutage über ein Smartphone an die Mitarbeitenden", berichtet Sandra Braun.
Der Wind in der Branche ist rauer geworden. Die minutengenaue Leistungsfestlegung und Abrechnung und der Pflegekräftemangel bei steigender Zahl pflegebedürftiger Menschen sind immer neue Herausforderungen, auf die die Caritas reagieren muss.
"Die Mitarbeitenden tragen viel Verantwortung. Sie sind Einzelkämpfer, die vor Ort Entscheidungen treffen müssen. Da ist keine Kollegin und kein Arzt, der schnell zur Hilfe gerufen werden kann. Nicht selten müssen die meist weiblichen Mitarbeitenden körperlich und auch psychisch viel wegstecken. Den anspruchsvollen Beruf führen sie mit sehr viel Herzblut aus, dafür möchte ich auch ganz herzlich danke sagen", so die Caritasdirektorin Stefanie Rhein. Es sei zur Zeit sehr schwierig, genügend Pflegekräfte zu finden. Auch der Caritas fehlen Pflegekräfte, so dass die Sozialstationen immer wieder auch Anfragen ablehnen müssen. Das führe zu sehr großem Unverständnis bei den Betroffenen. "Wir bedauern das auch sehr, aber wir haben auch eine Fürsorgepflicht unseren Mitarbeitenden gegenüber." Die Caritasdirektorin hofft, dass neue politische Weichen gestellt werden, die den Beruf für viele wieder attraktiver werden lassen. "Zukunftssicher ist der Beruf auf alle Fälle und sinngebend alle mal." Schon lange zahle der Caritasverband Darmstadt nach Tarifen, die an den öffentlichen Dienst angelehnt sind, das sei jedoch nicht bei allen in der Branche der Fall.
Auch Dienststellenleiterin Sandra Braun bekräftigt dass die Politik nicht länger die Augen vor dem tatsächlichen Bedarf an Pflege- und Pflegefachkräften verschließen dürfe. "Unser Ziel ist seit 40 Jahren eine menschenwürdige, professionelle und umfassende Hilfe. Das soll auch in den nächsten Jahren so bleiben. Durch den demografischen Wandel gibt es immer mehr pflegebedürftige alte Menschen. Nicht jeder kann sich einen Heimplatz leisten oder will dort hin. Daher muss jetzt dafür gesorgt werden, dass die Caritasmitarbeitenden in der häuslichen Pflege trotz des Spagats zwischen caritativem Leitbild, fachlicher Pflege und wirtschaftlichem Handeln weiterhin eine möglichst umfassende Alten-, Kranken- und Behindertenhilfe erbringen können. Dafür braucht es weitergehende politische Anstrengungen für mehr Pflegekräfte in der Altenhilfe."