Es war der letzte Wille des Theaterkritikers Wilhelm Ringelband, mit seinem Stiftungsgeld eine Einrichtung für kranke, benachteiligte Männer zu errichten. So wurde im Jahre 1986 zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Georg Stolle, dem ehemaligen Caritasdirektor Wilhelm Schulze und Anita Stalf, damalige Leiterin der Allgemeinen Lebensberatung in Heppenheim die Idee geboren, eine Wohngruppe für psychisch kranke Männer zu schaffen. Es war die erste Wohngemeinschaft dieser Art im Kreis Bergstraße und für alle war es Neuland.
Das Ringelbandhaus war zunächst in der Hauptstraße 85 angesiedelt, nachdem das ehemalige Altersheim Heilig-Geist-Hospital mit dem Stiftungsgeld renoviert und nutzungsgerecht umgebaut worden war. Nach rund 22 Jahren war das Haus jedoch in die Jahre gekommen, so dass der Umzug in die Klostergasse stattfand. Durch die Nachbarschaft zum Caritas Zentrum Franziskushaus stehen Bewohnern und Bewohnerinnern, denn seit mehr als 18 Jahren werden auch psychisch kranke Frauen in der Wohngemeinschaft aufgenommen, viele weitere Beratungsangebote in unmittelbarer Nähe zur Verfügung.
„Die Gründung dieser Wohngruppe war sozusagen der Startschuss der Gemeindepsychiatrie im Kreis Bergstraße“, berichtet Caritasdirektor Franz-Josef Kiefer. „Dank des politischen Willens, dem Engagement der sozialen Dienste und Vereine und vor allem aber auch der Angehörigen, hat sich im Kreis Bergstraße vieles zum Positiven verändert. Besonders hervorheben möchte ich, dass sich aus dieser Keimzelle das Konzept des Betreuten Wohnens im Kreis Bergstraße entwickelt hat. So betreut unser Verband mittlerweile 92 Menschen im Betreuten Wohnen und wir bieten in Viernheim, Lampertheim, Bürstadt und Bensheim viele weitere Hilfsangebote für Menschen mit psychischen Problemen an. Ob Beratungsstelle, Tagesstätte, Qualifizierungsprojekte oder Betreutes Einzelwohnen, die Palette an Hilfsangeboten hat sich in 30 Jahren stets weiterentwickelt und an die Bedarfe der Hilfesuchenden angepasst. Immer die Hilfe zur Selbsthilfe im Blick.“ Noch heute ist der Caritasdirektor von dieser Idee, aus der sich so viel entwickelt hat, begeistert. „Vom Mehrbettzimmer des Krankenhauses in ein Einzelzimmer in Innenstadtnähe umzuziehen, eigenes Geld zur Verfügung zu haben, in die Gemeinde integriert zu sein und damit nicht mehr als Patient sondern als Bürger Bensheims gesehen zu werden, das war sehr revolutionär.“
Die Wohngemeinschaft und das sich daraus entwickelte Betreute Einzelwohnen hilft den Menschen, die grundsätzlich zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage sind, dabei aber kontinuierliche Unterstützung und Begleitung benötigen. Durch Fachpersonal erhalten sie je nach individuellem Hilfeplan unter anderem lebenspraktische Unterstützung, Hilfen im Umgang mit Behörden, Angebote im Freizeitbereich, regelmäßige Gespräche, Krisenbegleitung und Hilfe bei der Tagesgestaltung. „Vier wichtige Ziele haben wir beim Betreuten Wohnen im Blick“, berichtet Dienststellenleiterin Annette Wilke-Hanf, die seit über 21 Jahren psychisch kranke Menschen beim Caritasverband im Kreis Bergstraße begleitet und viele Innovationen mit auf den Weg gebracht hat. „Zum einen wollen wir die Unabhängigkeit von der stationären Behandlung erreichen, die selbstständige Bewältigung des Alltages unterstützen, zum anderen soziale Kontakte fördern und bei der Suche nach einer Erwerbstätigkeit oder einer sonstigen Beschäftigung helfen.“
Etwa 45 Menschen haben seither im Haus gewohnt, jede einzelne Lebensgeschichte ist berührend. Für viele war der Einzug ins Ringelbandhaus die Chance, ihr Leben mit der psychischen Erkrankung zu gestalten, eigene Wege zu finden, um in der Gemeinde zu leben, Arbeit oder Beschäftigung zu finden und Freizeit zu verbringen. Viele konnten die Unterstützung nutzen, um in eine eigene Wohnung zu ziehen, manche benötigten längerfristig eine geschützte Wohnform. Aus dieser Bedarfslage hat der Caritasverband in Bensheim weitere Wohnmöglichkeiten geschaffen, vom Appartementhaus „Kappesgärten“ mit wenig Betreuung bis zum Intensiv Betreuten Wohnen im Franziskushaus. Leider verhindert der Wohnungsmangel in Bensheim und Umgebung, dass mehr Menschen nach der Stabilisierung die Wohnangebote verlassen und in eigene Wohnungen ziehen.
Neben Wohnungen ist der Caritasverband auch immer auf der Suche nach Beschäftigung für die Bewohnerinnen und Bewohner, da diese wesentlich zur Stabilität und Integration beiträgt. Die Arbeit in Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekten, Tagesstätte, Werkstatt oder sogar auf dem ersten Arbeitsmarkt, je nachdem, was leistbar ist, tut den Menschen gut.
„Das Ringelbandhaus bietet nun seit 30 Jahren einen geschützten Rahmen, um neue Erfahrungen zu machen, soziale Kompetenzen zu erlenen und das Selbstwertgefühl zu steigern, um so dem Ziel, in einer eigenen Wohnung leben zu können, näher zu kommen“, so der Caritasdirektor. „Danken möchte ich an unserem Jubiläumstag all unseren Weggefährten, Kooperationspartnern, Förderern, der Gemeinde und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ringelbandhauses und des Betreuten Einzelwohnens. Sie sind mit viel Geduld und hohem menschlichen Einsatz, der oft weit über das geforderte Maß hinausgeht, für die Bewohnerinnen und Bewohner da. Dank dieses guten Teams werden wir auch neue Herausforderungen, die zum Beispiel durch neue gesetzliche Regelungen auf uns zu kommen, professionell anpacken.“
Gefeiert wird das 30 Jährige Bestehen des Ringelbandhauses zwei Tage lang:
Am Donnerstag, den 3. November feiert der Caritasverband mit geladenen Gästen. Mechthild Reinhard hält einen Vortrag zum Thema: „Inklusive Gesellschaft geht systemisch?“ – Gemeindepsychiatrie im Blick.
Am Freitag, den 4. November feiert der Caritasverband Darmstadt in der Klostergasse 5 a in Bensheim ab 15:30 Uhr mit Bürgerinnen und Bürgern.
Alle sind herzlich eingeladen zum Feiern mit Musik, Speisen und Getränken. Für einen fröhlichen Nachmittag sorgen das gemeinsame Singen mit Elisabeth Rank-Kuhn, das bewegte Trommeln mit Nina Wolf und die Band Behindertenhilfe Bergstraße gGmbH „Hoffmann Projekt.“