Mit den Zertifikaten und Blümchen in den Händen, war die Erleichterung den zehn Teilnehmerinnen und zwei Teilnehmern deutlich anzusehen. Denn 210 Theoriestunden, viele praktische Arbeitsstunden und ein Abschlusstest mussten geschafft werden, um dieses Zertifikat zu erhalten. All das neben Kindererziehung, Familienhaushalt und teilweise gleichzeitigem Lernen der deutschen Sprache - eine echte Herausforderung. Nun blicken sie optimistisch in die Zukunft, denn qualifiziertes Personal wird in der Altenhilfe stets gesucht.
Almaz Hagos ist eine der Glücklichen. Seit einem halben Jahr ist sie im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme "Altenpflege, Betreuung und Hauswirtschaft" des Caritasverbands Darmstadt e.V. im Caritasheim Bensheim tätig. Sie kommt aus Eritrea. 2007 ist sie nach Deutschland geflohen, später kamen ihre drei Kinder und ihr Mann nach. Letztes Jahr im Sommer stellte die Kollegin vom Migrationsdienst den Kontakt zum Qualifizierungsprojekt her, da Almaz Hagos nicht locker ließ: Sie wollte ihre persönliche Situation verändern, etwas Sinnvolles arbeiten. Der Eigenbetrieb "Neue Wege Kreis Bergstrasse" als Kostenträger bewilligte die Maßnahme.
Nun hält sie das Zertifikat in ihren Händen und man könnte glauben, sie will es nicht mehr loslassen. Sie hat während des Projektes viel gelernt. Vor allem die deutsche Sprache hat ihr viel abverlangt. Aber eine gute Verständigung mit Bewohnern und Kollegen ist Voraussetzung für die Arbeit in der Pflege. Almaz Hagos Lebenserfahrung, ein einfühlender, behutsamer Umgang mit den BewohnerInnen und ihre Teamfähigkeit zeichnen sie aus. Wenn es ihr gelingt, die familiäre Situation mit dem Schicht- und Wochenenddienst zu vereinbaren, ihre Deutschkenntnisse stetig zu verbessern und zügig die Anerkennung ihres ausländischen Schulabschlusses zu erwirken, wäre sie ihrem Wunschziel etwas näher: im Anschluss an das Projekt die einjährige Ausbildung zur Altenpflegehelferin zu absolvieren. Im Ausloten ihrer Möglichkeiten wird Almaz Hagos im Projekt sozialpädagogisch begleitet und hat einen Lernpaten vom Mehrgenerationenhaus an ihrer Seite, der sie beim Verbessern der deutschen Sprache unterstützt.
Das Projekt existiert seit zehn Jahren in der heutigen Form in Kooperation mit dem Eigenbetrieb "Neue Wege Kreis Bergstraße" als Kostenträger. Innerhalb des Projekts haben auch TeilnehmerInnen mit Migrationshintergrund eine große Bedeutung. "Zum einen zeigt die öffentliche Diskussion die Brisanz, die die Situation fehlenden Fachpersonals in der Altenpflege mittlerweile angenommen hat. Und für die einzelnen MigrantInnen ist die Teilnahme am Projekt ein wichtiger Schritt mit nachhaltiger Wirkung auf ihre Gesamtsituation und Integration. Zu erleben, ich kann etwas, ich leiste meinen Beitrag, ich werde gebraucht und geschätzt, ist für ein gutes Selbstwertgefühl durch nichts zu ersetzen und gibt Auftrieb für weitere Ziele, aktiviert die Ressourcen", so Projektleiterin Dorothee Spieß.
Allein in den beiden Caritasheimen in Bensheim und Bürstadt arbeiten 29 ehemalige Projekt-Teilnehmerinnen, zehn davon mit Migrationshintergrund. Sie sind dort seit einigen Jahren beschäftigt, fünf davon mittlerweile in der 3-jährigen Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft. Hans-Peter Kneip, Leiter des Caritasheims St. Elisabeth Bensheim freut sich mit den KursabsolventInnen über die neue Chance, die sie genutzt haben und lobt: "Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Personalprobleme in den Caritas-Altenheimen und in der Altenhilfe allgemein".
"Das Qualifizierungsprojekt stellt praktisch eine Win-Win-Situation her: So bietet es ein soziales Betätigungsfeld und eine sinnstiftende Berufsausrichtung für die TeilnehmerInnen und leistet zudem einem wichtigen Beitrag zur Versorgung und Wertschätzung der alten Menschen in unserer Gesellschaft: Der Caritasverband gewinnt gute motivierte Leute für die Altenhilfe, eine bunte kulturelle Vielfalt für die Heimatmosphäre und für die künftigen HeimbewohnerInnen der ersten Generation ArbeitsmigrantInnen die geeigneten Ansprechpersonen, Stichwort Kultursensible Altenpflege", so Caritasdirektor Franz-Josef Kiefer.
Herausforderung bleibt für alle Beteiligten, sich die gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz zu bewahren und die Neugier, diese Vielfalt als Chance und Bereicherung zu nutzen.
Kontakt:
Caritas Zentrum Franziskushaus
Dorothee Spieß
Klostergasse 5a, 64625 Bensheim, Tel.: 06251 / 85425152
Hintergrundinfos zum Projekt:
Schon im zehnten Jahr bietet der Caritasverband Darmstadt e.V. in Kooperation mit dem Eigenbetrieb "Neue Wege Kreis Bergstraße" das Qualifizierungsprojekt in den Bereichen der stationären und ambulanten Altenpflege, Betreuung demenzkranker Menschen und Hauswirtschaft an.
Es wird sehr ausdifferenziert qualifiziert.
Der Praxisteil findet in den Caritas Altenheimen Bürstadt, Bensheim und Einhausen sowie den Caritas Sozialsationen statt.
Nach dem Zertifikaterhalt können die TeilnehmerInnen als Helfer der Hauswirtschaft, als Pflegehelfer, als Betreuungsassistenten oder als Alltagsbegleiter arbeiten.
Die TeilnehmerInnen werden auf hohem Niveau eingearbeitet, qualifiziert und betreut und auf ihre verantwortungsvolle Arbeit vorbereitet. Zehn Referentinnen begleiteten sie über die Kursdauer um unter anderem Pflege, Pflegetechniken, Demenzerkrankungen, Umgang mit demenzkranken Menschen, hauswirtschaftliche Versorgung oder Kommunikation zu unterrichten. Ein Erste-Hilfe-Kurs und ein zweitägiges Seminar über Pflege und Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen gehört auch zur Qualifizierung.