Betreutes Wohnen
Seit einem Jahr begleitet Simon Konrad die 55 Mieter*innen der Betreuten Wohnanlage in der Rathaus- und Jahnstraße. Nicht nur nach einem Umzug von zuhause in die neue Wohnung haben die Menschen Fragen und Probleme, die sie allein nicht lösen können. Auch wer schon länger hier wohnt freut sich über seine Besuche, denn das Alter hat immer wieder neue Fragen im Gepäck. Der 43-jährige Diplom-Sozialpädagoge fragt nach, wo der Schuh drückt, was den Menschen Sorgen bereitet oder auf welche Fragen sie allein keine Antwort finden.
Simon Konrad sieht sich für die älteren Menschen als Impulsgeber und auch als Alltagscoach, der durch Rat und Tat deren Leben etwas erleichtern kann.
Bei seinen Besuchen lernt er die Interessen und Bedürfnisse der Mieter*innen kennen und tauscht mit ihnen Ideen aus. Dabei gilt es eine gute Balance zu finden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen sowohl rüstiger Senior*innen als auch hilfsbedürftiger Menschen mit seinen Angeboten und Veranstaltungen gerecht werden. Aber bei der Vielzahl an Freizeitangeboten dürfte für jeden und jede etwas dabei sein. Da gibt es Gedächtnisspiele, Ausflüge in die Region, Filmvorführungen, Spielenachmittage, Frühstück
und Kaffeekränzchen oder auch sportliche Aktivitäten, die von Honorarkräften angeboten werden. Mit seiner musikalischen Leidenschaft hat er viele Seniorinnen und Senioren angesteckt, auch weil er sein Repertoire an Liedern eigens für sie ausgebaut hat. Die Seniorinnen und Senioren mögen am liebsten deutsche Schlager und Volkslieder und genießen die gebuchten Auftritte beim Adventszauber, Sommerfest oder auch zu besonderen Anlässen wie dem 100-jährigen Geburtstag von Greta Münch, die selbst Bewohnerin des Betreuten Wohnens ist. Übrigens war sie vor 17 Jahren mit 83 Jahren die erste, die in das damals neue Betreute Wohnen gezogen ist. Heute ist die jüngste Bewohnerin 63.
„Die Nachfrage nach dieser Wohnform ist enorm hoch. Die Warteliste ist daher lang“, so der Caritasmitarbeiter. 57 Anfragen hat er in den letzten zwölf Monaten erhalten, nur zwei Wohnungen sind in dieser Zeit freigeworden. Da braucht es strikte Regeln und so haben die Menschen, die in Bürstadt leben, die höchste Priorität, an zweiter Stelle die, deren Angehörige hier leben. „Da erreichen mich schon sehr verzweifelte Menschen, die eben nicht vier bis sechs Jahre auf die nächste freie Wohnung warten können. Es bräuchte viel mehr solcher Angebote.“
Beratung für Seniorinnen und Senioren
Mit dem Thema Wohnraum wird auch die Diplom-Sozialpädagogin Beate Weidner-Werle, oft mit den Anfragen innerhalb der Seniorenberatungsstelle für Bürstadt, Biblis und Groß-Rohrheim konfrontiert. Denn wenn die eigene Wohnung nach einem Schlaganfall nicht mehr altersgerecht ist, dann haben Betroffene und Angehörige ein großes Problem und wissen oft nicht, wie es weitergehen kann. Kostenlos und trägerneutral zeigt die Senioren-Beraterin den Ratsuchenden dann unterschiedliche Hilfestellungen auf. „Ich stelle den Menschen die Angebote vor und sie entscheiden für sich, was sie möchten“, so die Fachfrau, die auch Vorträge und Veranstaltungen organisiert.
Die Seniorenberatung im Kreis Bergstraße feiert im kommenden Jahr 2025 ihr 25-jähriges Bestehen. In diesen 25 Jahren hat sich aufgrund von sozialgesetzlichen Veränderungen viel getan, z. B. im Hinblick auf die Pflegeversicherung. Allerdings könne laut Weidner-Werle „der Fächer an Hilfsangeboten oft nicht in Gänze abgerufen werden, da es an ausreichenden Angeboten fehlt, das gehört zur Wahrheit auch dazu.“ Der Fachkräftemangel in der Pflege und Hauswirtschaft, die Wohnungsnot sind Gründe dafür ebenso wie die Zunahme dementieller Erkrankungen und das zunehmende Altern unserer Gesellschaft. Plätze für Kurzzeitpflege, ambulante Verhinderungspflege sind rar und die ambulanten Pflegedienste schon lange an ihren Grenzen, so Letisha Juncker, die den ambulanten Pflegedienst in Bürstadt leitet und Klient*innen auch immer wieder mal auf die Hilfe der Seniorenberatung aufmerksam macht. Wenn sich die Probleme häufen und die Familien an ihre Grenzen kommen, dann brauche es einen Ruhepol, besser sei es, schon vor einer Überforderung einen Beratungstermin zu vereinbaren. Die Seniorenberaterin versucht alle Anfragen so schnell wie möglich zu bearbeiten. Die Wartezeit auf einen Beratungstermin beträgt in der Regel 7 – 14 Tage. Diese Termine werden von Ihr entweder bei Hausbesuchen bei den Klienten vor Ort oder in ihrem Büro in Bürstadt getätigt.
Wenn die Menschen sich der Beraterin mit ihren Ängsten anvertrauen, sei es wichtig, den Ratsuchenden gut zuzuhören und einfühlsam auf die individuellen Probleme einzugehen. Die Menschen brauchen oft Hilfe beim Thema Pflegeversicherung, beim Ausfüllen von
Pflegegeldanträgen, Anträgen zu Grundsicherung und Wohngeld oder auch Schwerbehinderung, sowie die Hilfestellung bei ablehnenden Bescheiden. Viele ältere Menschen suchten auch Hilfe wegen psychosozialer Probleme, die beispielsweise durch Vereinsamung entstehen. Die Angst vor Altersarmut, die Ernüchterung von Ratsuchenden, welche gern in eine seniorengerechte Wohnung umziehen würden, dies aber wegen der hohen Mietpreise und eines geringen Renteneinkommens nicht realisieren können, sind weitere Themen.
879 Beratungen konnte Beate Weidner-Werle im letzten Jahr für 187 Menschen mit ihrer 50 Prozent-Stelle anbieten. Finanziert wird das Hilfsangebot zum größten Teil vom Kreis Bergstraße und den beteiligten Kommunen Bürstadt, Biblis und Groß-Rohrheim, die restlichen zehn bis zwanzig Prozent tragen Caritas und Diakonie aus kirchlichen Zuschüssen. Bemerkenswert für das Jahr 2023 war, dass 10,3 Prozent der anfragenden Klienten, schon über 90 Jahre alt waren. Bei an Demenz erkrankten Menschen sind es oft die Angehörigen, die sich ratsuchend an die Fachfrau wenden. Sind die Eltern hochbetagt, kann es auch schon vorkommen, dass zwei Generationen die Hilfsangebote erfragen.
Oftmals müsse sie auch zwischen den Zeilen lesen, berichtet Beate Weidner-Werle, denn hinter mancher Anfrage nach einem Essen auf Rädern, einem Hausnotruf oder einer Einkaufshilfe könne sich auch ein größerer Hilferuf verstecken. Erst durch die Beratung fassen die Ratsuchenden Vertrauen und sagen, was sie sonst noch auf dem Herzen haben. Das Schöne an ihrem Beruf sei, dass es auch bei schweren Fällen meistens gute Lösungen gebe. Auch dank des guten Netzwerkes in Bürstadt, welches ganz aktuell durch das vor kurzem gegründete Demenznetzwerk verstärkt worden sei und neue Angebote für an Demenz erkrankte Menschen mit ihren Angehörigen anbietet.
Kontakt
Beate Weidner-Werle und Simon Konrad haben ihre Büros in den Räumen des Caritaszentrums, neben der Ökumenischen Sozialisation, in der Rathausstraße 6, in 68642 Bürstadt. Telefonisch ist die Seniorenberaterin unter der Nummer 06206 988970 zu erreichen sowie unter der E-Mail: b.weidner-werle@caritas-bergstrasse.de
Simon Konrad ist montags bis mittwochs zu erreichen unter 06206 988960 sowie per E-Mail unter: s.konrad@caritas-bergstrasse.de