Die Zahl der psychisch kranken Menschen wächst mit jedem Jahr. Beschäftigte in Hessen fehlen im Job immer mehr aufgrund psychischer Störungen, rund jede siebte Krankschreibung ist auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Manche Betroffene benötigen in einer Krise nur eine kurze Zeit der Unterstützung, andere sind längerfristig auf Hilfe angewiesen, um wieder in die Normalität zurückzufinden.
Je nach Erkrankung und Lebenssituation sind verschiedene Hilfen notwendig. Der Caritasverband Darmstadt stellt sich seit Jahrzehnten dieser gesellschaftlichen Herausforderung und bietet Hilfeangebote für Betroffene und deren Angehörige, die sie im angemessenen Umfang unterstützen, die ihnen aber soviel Verantwortung und Selbstbestimmtheit wie möglich lassen. "In all den Jahren haben wir mit viel Energie ein hohes Knowhow in diesem Bereich aufgebaut und verfügen über ein breites Angebot von passgenauen Hilfen", so Caritasdirektor Franz-Josef Kiefer. Zwei Beratungsstellen gab es vor über 20 Jahren, heute gibt es ein Wohnheim und acht Gemeindepsychiatrische Zentren, zwei in Darmstadt und je eins in Dieburg, Griesheim, Reinheim, Lampertheim, Viernheim und ab Sommer auch in Weiterstadt.
Weiterhin gibt es Zuverdienst- und Beschäftigungsprojekte, um auch niederschwelligen Zugang zu ermöglichen.
Die Gemeindepsychiatrische Zentren liegen alle in optimaler Lage und bieten die Hilfebausteine Betreutes Wohnen, Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle sowie Tagesstätte unter einem Dach an. Eines davon ist das Caritaszentrum Schweizerhaus, welches eng mit dem Wohnheim Haus Elim kooperiert. 20 stationäre Plätze bietet das Wohnheim in Mühltal-Trautheim an für Menschen, die nach ihrem Krankenhausaufenthalt aufgrund der häufigen Doppeldiagnosen von Psychiatrie und Drogen noch viele Hilfen benötigen. Beim Einzug brauchen die meisten daher sehr intensive Hilfeangebote, doch beim meist ein- bis dreijährigen Wohnen im Heim nimmt der Hilfebedarf immer mehr ab. So gelingt mit dem differenzierten Betreuungsangebot von Gruppenangeboten und Einzelfallhilfe das Ziel der Verselbständigung. Manche werden bekocht, andere versorgen sich selbst, wiederum andere können im Nebenhaus leben und oder sogar in einer Wohngruppe um die Ecke. So lösen sich die Klienten immer mehr von der ursprünglich so wichtigen 24 Stunden Betreuung.
Ein wichtiger Schritt für die Tagesstruktur sei der Besuch einer Tagesstätte, um die Selbsthilfekräfte der Klienten zu stärken, das Selbstwertgefühlt zu verbessern und die Lebensqualität zu steigern, so der Dienststellenleiter von Haus Elim Oliver Schiele. Viele Klienten besuchen die Tagesstätte im Schweizerhaus. "Neben den üblichen Angeboten einer Tagesstätte haben wir mit unserer Polsterei und unserem Upcycling noch zwei Spezifika, die gerade von unserem recht jungen Klientel gerne genutzt werden", so Dienststellenleiterin Sabine Heckmann. Viele der Klientinnen und Klienten der Tagesstätte arbeiten auch im Darmstädter Caritas Bistro D 42. "Die Arbeit dort macht ihnen Spaß, sie blühen mit der Aufgabe richtig auf, denn gute Beschäftigung bringt Selbstvertrauen. Man kann beobachten, wie sich manch einer immer mehr zutraut. Es gibt sehr viele positive Rückmeldungen durch die Kundschaft, das tut allen gut."
Durch die intensive Begleitung und Betreuung in der Tagesstätte und im Haus Elim sowie die Ermunterung zu neuen Schritten, erlernen die im Durchschnitt zwischen 20 und 40 Jahre alten Menschen Selbstständigkeit und die schrittweise Übernahme von mehr Verantwortung für das eigene Handeln. Wenn das Leben in der Gemeinschaft den Menschen genügend Halt, Sicherheit und Stabilität gegeben hat, leben manche nach dem Auszug in einer eigenen Wohnung. Manche brauchen auch danach noch weitere Betreuung. Dies gelingt durch das Angebot des Betreuten Wohnens oder den Einzug in eine Wohngruppe, so zum Beispiel im Caritaszentrum Schweizerhaus. Durch die enge Kooperation der beiden Caritas Einrichtungen können für die Klienten sehr passgenaue und individuelle Hilfepläne erstellt werden.
Caritasdirektor Franz-Josef Kiefer, der dem Verband seit über 40 Jahren treu ist, hat immer neue Entwicklungen im Blick. "Ein wesentliches Merkmal unserer Arbeit war und ist, zu schauen welche Hilfeangebote gebraucht werden. Dann reagieren wir schnell, professionell und zielgerichtet", so Kiefer. So werden derzeit neue Hilfeangebote für ältere psychisch kranke Menschen geschaffen, die zu jung sind, um im Altenheim zu leben, die aber wegen der Erkrankung auf hohe Zuwendung angewiesen sind. Das in Bürstadt getestete Modellprojekt einer Wohngruppe am Caritas Sozialstationsstützpunkt, neben einem Caritas Altenheim habe sich als sehr erfolgreich erwiesen, so dass neue Einheiten an den sechs weiteren Caritas Sozialstationsstützpunkten aufgebaut werden sollen.
Auch für die Konversionsfläche der Lincoln-Siedlung in Darmstadt habe man Pläne für 20 neue Wohnungen für psychisch kranke Menschen und ein weiteres Gastronomieprojekt, nachdem man mit den bisher laufenden vier Gastronomieprojekten schon viele positive Erfahrungen gesammelt habe.
Durch den vor vier Jahren eröffneten Krisendienst Südhessen hat der Caritasverband noch eine weitere Lücke im Hilfesystem geschlossen. Denn der Krisendienst bietet Menschen in psychischen Krisen eine verbesserte ambulante Behandlung als Alternative zu einem stationären Aufenthalt an und ermöglicht den Betroffenen auch in schwierigen Phasen ihrer Erkrankung, im gewohnten familiären, beruflichen und sozialen Umfeld zu bleiben.
"Mit all diesen vielfältigen Hilfebausteinen helfen wir den psychisch kranken Menschen sich zu stabilisieren und wieder am Leben teilzuhaben. Durch die Gesamtheit an Hilfen für unterschiedliche Bedarfe haben Betroffene immer die Sicherheit, dass sie in jeder Stufe ihrer Krankheit auf ein Notfallnetz bauen können, dass sie in schlechten Zeiten auffängt", so der Caritasdirektor.