Gut besuchter Vortrag von Dr. Michael Winterhoff, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychotherapeut und bekannter Autor mehrerer Fachbücher im Rahmen der Veranstaltungsreihe Schlaf, Schlafmangel und rast- und taktlose Gesellschaft von Darmstädter Echo, Software AG Stiftung und Caritas-Krisendienst Südhessen zum Thema „Was hält unsere Kinder wach? – Zu Risiken und Nebenwirkungen von Smartphone & Co. auf die kindliche Entwicklung“.
70 bis 80 % der Grundschüler sind verhaltensauffällig, diagnostiziert der Kinderpsychiater Michael Winterhoff. Die Erwachsenen hätten einen gewichtigen Anteil an Fehlentwicklungen: In der digitalen Welt seien sie ständig gehetzt, gereizt und in Zeitnot: „Die Leidtragenden sind die Kinder“.
Der Kinderpsychiater Michael Winterhoff liefert in seinem neuen Buch eine erschreckende Diagnose: Danach seien 70 bis 80 Prozent der Grundschüler verhaltensauffällig und befänden sich in der Entwicklungsphase von Kleinkindern. „Die Situation ist dramatisch“, sagt Michael Winterhoff. Das Thema sei gar nicht Erziehung, sondern der Entwicklungsprozess unserer Psyche. Im Eltern-Kind-Verhältnis habe es in zwei Jahrzehnten durch die Schnelllebigkeit der digitalen Welt drastische Veränderungen gegeben, so die Analyse von Winterhoff.
Insgesamt hat sich der Erwachsene verändert, so Winterhoff, in den letzten Jahren dramatisch, das hat sich noch mal verstärkt durch Smartphones. Er sei allerdings kein Feind der digitalen Welt, betont Winterhoff. Er plädiert vielmehr dafür, diese digitale Welt im Sinne eines Zeitgewinns für Eltern und Kinder zu nutzen.
Doch wo liegt ein Lösungsansatz?
Ruhe finden und zu-sich-kommen sei der beste Ansatz, so Winterhoff. Er hat dazu einen sympathischen Vorschlag, der sich wohltuend von den vielen Hilfsangeboten in diesem Bereich abhebt, die vor allem eines gemein haben: Sie kosten viel Geld.
Winterhoff entgegen schlägt Waldspaziergänge im 14 tägigen Rhythmus vor: Alleine, ohne Handy, ohne Hund, ohne Buch. Höchstens mit einer Flasche Wasser und etwas kleines zum Essen.
Zum Auftakt sollte man einen langen Spaziergang von 3-4 Stunden machen. Dabei solle man einfache Wege laufen, die Gedanken solten nicht beim Finden des Weges sein. In der weiteren Routine genügten dann zweistündige Spaziergänge alle 14 Tage.
„Sie werden sehen“, so Winterhoff, „wie es ihnen danach geht und was diese Spaziergänge mit ihnen machen.“
Bitter sei, dass wahrscheinlich 98% der BesucherInnen des Vortrags diesen Hinweis nicht ausprobieren würden. Das sei das Schicksal von einfachen und kostenfreien Hilfsangeboten: Sie werden gnadenlos unterschätzt.