Der Caritasverband Darmstadt e. V. bietet im Caritas-Zentrum in Reinheim eine der wenigen gerontopsychiatrischen Tagesstätten an. Zwölf Plätze stehen dort für Menschen ab 65 Jahren zur Verfügung, in Dieburg gibt es drei weitere Plätze.
"Für Menschen mit chronischen Depressionen, Psychosen, Schizophrenie oder Angsterkrankungen gibt es im höheren Alter fast keine spezialisierten Tagesstrukturen", sagt Andrea Kattler, die stellvertretende Leiterin des Caritas-Zentrums in Reinheim. "Bei uns ist das anders. Wir haben vor zwölf Jahren die gerontopsychiatrische Tagesstätte eröffnet."
Das Angebot ist nach wie vor selten, dabei nimmt die Zahl älterer Menschen mit psychischen Erkrankungen stetig zu. Für Angehörige bedeutet das häufig eine enorme Belastung im Alltag.
Stabilität durch Tagesstruktur
Die Besucherinnen und Besucher der Tagesstätte sind im Durchschnitt zwischen 70 und 85 Jahre alt. "Meist sind es Menschen, die im Alter unter Depressionen leiden, oft gepaart mit Angst- und Panikanfällen oder auch Psychosen, und tagsüber das Hilfeangebot der Caritas nutzen, um weiterhin zu Hause leben zu können."
Auch weniger mobile und ängstliche Seniorinnen erfahren hier Unterstützung. Oft kommen die Anfragen nach einem Klinikaufenthalt, etwa nach dem Tod des langjährigen Partners, wenn die Depression erneut das Leben bestimmt. In solchen Fällen können soziale Kontakte und eine Tagesstruktur helfen, weitere Klinikaufenthalte zu vermeiden.
Finanzierungsumstellung erschwert Zugang
Bis Anfang 2024 finanzierte der Landkreis das Hilfsangebot für die Ostregion des Landkreises Darmstadt-Dieburg. "Die Anmeldungen waren unkompliziert, und das Verfahren war kurzweilig." Mit der Umstellung auf die Finanzierung durch den Landeswohlfahrtsverband habe sich das Anmeldeverfahren jedoch auf drei bis zu sechs Monate verlängert.
"Für Menschen mit psychischen Erkrankungen sind Wartezeiten fatal. Viele kapseln sich in dieser Zeit so ein, dass sie nach der langen Wartezeit ihr Haus nicht mehr verlassen möchten. Die gesunkenen Fallzahlen belegen dies deutlich", erklärt die Caritasmitarbeiterin.
Rückzug verstärkt Symptome
Schon nach der Corona-Zeit sei es schwer gewesen, die Klient*innen aus ihrem Rückzug zu mobilisieren. Das erschwerte Anmeldeverfahren mache es nicht besser. Dabei sei eine Alltagsstruktur das A und O: Stabilität, Routine, soziale Kontakte, Bewegung und das Verlassen der eigenen vier Wände tun den Klient*innen nachweislich gut.
"Ohne solche Angebote wäre ich wohl nur noch zu Hause, und das wäre das Schlimmste für meine Krankheit", sagt eine Besucherin.
Gemeinschaft im Alltag
Bestimmte Themen werden in der Morgenrunde und beim gemeinsamen Mittagstisch besprochen. Auch Einzelgespräche sind möglich, werden aber seltener in Anspruch genommen, vielleicht, weil die Besucher*innen in der Tagesstätte vor allem die gemeinsame Zeit und den sozialen Austausch genießen.
Etwa ein Drittel der Besucher*innen sind Männer. Auch sie bringen sich aktiv ein, wenn es nach der gelösten Kreuzworträtselrunde an Reinigungs- oder Hausarbeiten geht: Kehren, Müll entsorgen, Gemüse schneiden, je nach Fähigkeit wird mitangepackt.
Vielfältige Angebote und begrenzte Möglichkeiten
Mit den unter 65-jährigen Besucher*innen der Tagesstätte finden gruppenübergreifende Angebote wie freies Singen, Sitzgymnastik, progressive Muskelentspannung oder Gedächtnistraining statt. Ein Fahrdienst steht all jenen zur Verfügung, die nicht eigenständig zur Geronto-Tagesstätte kommen können. "Das wird auch gerne in Anspruch genommen", so die stellvertretende Leiterin.
Das Besuchsangebot endet jedoch, sobald ein pflegerischer Bedarf besteht. In solchen Fällen steht die Einrichtung in engem Austausch mit den Angehörigen und unterstützt bei der Suche nach individuellen Lösungen.
Ein alternatives Angebot gibt es beispielsweise in Bürstadt: Dort bietet der Caritasverband Wohngemeinschaften für ältere und körperbehinderte oder psychisch kranke Menschen in unmittelbarer Nähe der Alten- und Pflegehilfeeinrichtung St. Elisabeth an, mit der Möglichkeit einer pflegerischen Versorgung bei Bedarf.
Kontakt: Gemeindepsychiatrisches Zentrum Reinheim
Darmstädter Straße 55, 64354 Reinheim, Telefon: 06162 809850
Das Team des Gemeindepsychiatrischen Zentrums mit der stellvertretenden Leitung Andrea Kattler (2. v. l.)Caritasverband Darmstadt e. V.