Als Heide Neumann am 3. Mai 2004 ihre Halbtagsstelle am Empfang des Altenheim Mariä Verkündigung in Lampertheim antrat, hätte sie nicht gedacht, dass sie 16 Jahre später als Heimleiterin in den Ruhestand verabschiedet wird. Ebenso wenig war zu erwarten, dass wegen eines Virus die Abschiedsfeier ausfallen muss.
"Die Zeiten hier im Haus waren die letzten Jahre durchweg sehr turbulent", erzählt die angehende Rentnerin, die am 30. April 2020 ihren letzten Arbeitstag hat. Corona habe dem Ganzen nun noch die Krone aufgesetzt. Ihre letzten Monate im Altenheim hätte sie sich anders gewünscht und ein Abschied ohne Umarmung sei auch nicht das, was sie sich vorgestellt hatte. Aber sie werde das Beste daraus machen. Jammern war noch nie die Devise der gelernten Bankkauffrau, die im Lampertheimer Altenheim einen besonderen Karrieresprung schaffte. Schon nach zweieinhalb Jahren am Empfang wechselte die damals 51-Jährige 2006 in die Buchhaltung und wurde zur engen Vertrauten der Heimleiterin Rita Seepe. Auch mit deren Nachfolgerin blieb die Zusammenarbeit sehr eng und vertraut.
Vor zehn Jahren belasteten betriebswirtschaftliche Sorgen das Altenheim, unter anderem auch daher, weil in Lampertheim ein drittes Pflegeheim eröffnet wurde. Unter dem neuen Stiftungsvorstand übernahm Heide Neumann im Juni 2011 zunächst die kommissarische Heimleitung und zehn Monate später die Leitung. Obwohl es manchmal äußerst schlecht um den Fortbestand des Heimes stand, hielt die Heimleiterin dem Haus immer die Treue und war für viele der Mitarbeitenden und Bewohner der ruhende Pol im Haus, für manche auch der Fels in der Brandung.
Mit kräftigem Rotstift, Umstrukturierungen, Einsparungen und dem Auslaufen befristeter Verträge konnte eine Schließung verhindert werden und ein neuer Träger, der Caritasverband Darmstadt, gefunden werden, der das Haus mit neuem Konzept in die Zukunft führt.
Bis zum Vollzug der Trägerübernahme im November 2018 mussten drei Jahre Hoffen und Bangen überbrückt werden. "Da war es wirklich 5 vor 12", so Heide Neumann. "Meine größte Sorge war, die Tür für immer schließen zu müssen. Dass das Haus nun eine Zukunft hat, das beruhigt mich sehr, das war mein größter Wunsch."
Doch auch nach dem Trägerwechsel mussten immer wieder Rückschläge verarbeitet werden. Die komplett ausgearbeiteten Sanierungspläne für das nicht mehr zeitgemäße Hochhaus mit seinen 120 Heimplätzen konnten wegen einer Kostenexplosion 2019 nicht mehr umgesetzt werden.
Heide Neumann ertrug auch diese notwendige Entscheidung mit Gelassenheit. So dankt Caritasdirektorin Stefanie Rhein der Heimleiterin für ihre Solidarität, ihr Kümmern und Dasein für die 80 Mitarbeitenden. Auch für das immer offene Ohr für die Belange der Bewohner und den engen Kontakt zu ihnen, trotz der vielen anderen Aufgaben. Eigentlich sollte der Abschied gebührend gefeiert werden, viele hätten der Heimleiterin gerne persönlich für ihr Engagement im Haus gedankt, doch die aktuell geltenden Abstandsregeln und das Besuchsverbot im Haus ließen keine andere Wahl, als alles abzusagen.
Die Begleitung des neuen Bauvorhabens übergibt Heide Neumann nun ihrem Nachfolger Benedict Pretnar, der seit Januar in die Abläufe des Hauses eingearbeitet wurde. Ihm und dem Haus wünsche sie, dass diese Zeit des Abstandhaltens und der Kontaktsperre bald zu Ende sei. Dennoch habe sie der Zuspruch so vieler Menschen in den letzten Wochen auch sehr berührt. "Ich hoffe sehr, dass die Wertschätzung für die sogenannten Helden unserer Zeit über Corona hinaus bestehen bleibt. Dass vor allem auch höhere Stellenanteile beschlossen werden, zur dringend nötigen Entlastung des Personals", so die Heimleitung.
Mit 65 Jahren freut sich Heide Neumann nun auf den neuen Lebensabschnitt. Darauf, ohne Termindruck mit ihrem Ehemann schöne Dinge zu unternehmen und auch mit den Enkelkindern, die schon viele Pläne mit der Oma schmieden.