Im Kreis Bergstraße besitzen rund 270 Frauen und Männer eine Pflegeerlaubnis. Rund 120 von ihnen kamen auf Einladung vom Kreisjugendamt, Caritasverband Darmstadt und Familienzentrum Bensheim zum kreisweiten Fachtag in das Bürstädter Bürgerhaus, um neue Inputs zu erfahren, sich weiterzubilden und sich gegenseitig auszutauschen. Das Organisationsteam hatte für die Teilnehmenden ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt.
Renate Dörr vom Jugendamt des Kreises Bergstraße, dankte den Organisatoren dafür und lobte die qualitativ gute Arbeit der Tagesmütter und -väter. Die flexible, vielseitige und familiennahe Kindertagespflege habe sich zu einer wichtigen Stütze bei der Betreuung von Kindern entwickelt. Die individuellen Möglichkeiten seien sowohl für Eltern interessant, die eine Betreuung für ihre unter dreijährigen Kinder suchen, als auch für Eltern, die wegen ungünstiger Arbeitszeiten ergänzende Angebote außerhalb der Öffnungszeiten der Kindertagesstätten suchen oder ein flexibles Angebot für ihre bis zu 14 Jahre alten Schulkinder benötigen.
Verena Strub vom Hessischen Kindertagespflegebüro gab in einem Impulsvortrag einen Überblick über die Kindertagespflege. Was ist sie? Was braucht sie, um existieren zu können und was kommt in der Zukunft auf uns zu? so ihre Themen. Als Vorteile der Kindertagespflege hob die Dipl.-Sozialpädagogin die familiären kleinen Gruppen hervor, die sensible Betreuung und Bindung sowie die Flexibilität. All dies brauche aber auch gesicherte Rahmenbedingungen für die Berufsausüber, wie Qualifizierung und Weiterbildung, fachliche Begleitung und Beratung, sowie Kooperation und Austausch.
Auf das Thema der frühkindlichen Bindungserfahrungen und ihre Folgen ging Dr. Jürgen Wettig an dem Fachtag ein. Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie betonte, dass die frühkindlichen Erlebnisse und Beziehungen zu den Eltern und Tageseltern die Entwicklung bis ins hohe Alter bestimmen. "Die ersten 18 Monate entscheiden, ob das Kind im späteren Leben eine Beziehungsfähigkeit erlangt und seine Affekte regulieren kann", so der Arzt. Bausteine des Glücks seien Bindung, Liebe und Zuwendung, Stimulation, also der Anreiz zum Lernen, die Förderung des Kindes, ihm neues zuzutrauen, wenn es nicht mit Gefahren verbunden ist sowie die Selbstwirksamkeit. Dabei sei das Lob für Versuche, eigenes umzusetzen, sehr wichtig. All dies brauche von Eltern und den Personen, denen sie ihr Kind anvertrauen, viel Geduld und Zeit. Da sich das Gehirn bis zum elften Lebensjahr entwickele, sei es von großer Bedeutung, was die Tagespflegepersonen den Kindern an Zuwendung aber auch an Reizen, wie z. B. Musik oder Sport, anbieten. "Was Sie den Kindern zeigen, beeinflusst das Gehirn der Kinder." Dafür brauche es viel Feinfühligkeit.
Nach der Mittagspause konnten die Tagungsteilnehmer praxisnahe Workshops besuchen, die die ganze Palette der Kindertagespflege abdeckten. Zur Auswahl standen neue Inspirationen zum Thema Bücher, Informationen über die Eingewöhnungsphase, Ernährung, Musik und Bewegung aber auch Ruhe und Abschied.
Neben Vorträgen und Workshops kam auch der informelle Austausch mit lebendigen Gesprächen und Diskussionen nicht zu kurz. Ein vollkommen gelungener Tag, da waren sich Organisatoren und Besucher gleichermaßen einig.
Beim Caritasverband in Heppenheim startet ein neuer Lehrgang "Qualifizierung in der Kindertagespflege" im März 2016. Dieser findet bis Oktober jeweils zweimal wöchentlich vormittags statt. Interessierte können sich noch bis Ende Januar schriftlich für eine Teilnahme bewerben. Weitere Info´s unter 06252 990130.