Caritasdirektor Winfried Hoffmann, Andreas Waldenmeier, Leiter Caritaszentrum Bensheim, und Johanna Leichtweiß, Leitung Migrationsdienst
Caritasverband Darmstadt e. V.
"Unter dem Leitmotiv der diesjährigen Kampagne des Deutschen Caritasverbandes "Caritas öffnet Türen" möchten wir heute nicht nur einen Einblick in die vielfältige Arbeit unserer Einrichtungen geben, sondern auch auf die dramatischen Entwicklungen hinweisen, die sich durch fast alle Kommunen und Leistungsbereiche ziehen", so Caritasdirektor Winfried Hoffmann, der die gefährliche Schieflage im Caritas Zentrum Franziskushaus beim Pressegespräch in Bensheim konkret anspricht.
Dass der Bundeshaushalt noch nicht verabschiedet wurde, habe auch unmittelbare Konsequenzen für die Arbeit der Caritas: So wurde dem Caritasverband zum Beispiel die zweite Tranche für das Mehrgenerationenhaus Bensheim trotz Fälligkeit noch nicht überwiesen. Immer mehr freiwillige Leistungen der Kommunen und des Landes werden gestrichen oder ausgesetzt. "Eigentlich müssten manche unserer Türen schließen, denn uns fehlt komplett die Planungssicherheit", so Caritasdirektorin Stefanie Rhein. "Auch bei der Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) muss der Verband trotz staatlicher Zuständigkeit regelmäßig Eigenmittel einbringen, um die Förderung zu erhalten. Gleichzeitig steigen die Anforderungen: mehr Aufgaben, mehr Menschen in Not, mehr Bürokratie - bei weniger finanzieller Absicherung."
Johanna Leichtweiß, Leiterin des Migrationsdienstes im Kreis Bergstraße weist auf die prekäre Lage der Frauenintegrationskurse hin. "Die Finanzierung steht auf wackeligem Boden, obwohl die Kurse ein zentraler Schlüssel zur Teilhabe von Frauen mit Migrationsgeschichte sind. Wenn hier - auf dem Rücken derer, die oft schon am Rand unserer Gesellschaft stehen - weiter gespart wird, drohen enorme Rückschritte in der Integration."
Verträge werden gekündigt
Nicht rund lief es auch im Bereich der Schuldnerberatung. 2024 hatte der Kreis Bergstraße die Verträge mit den Schuldnerberatungsstellen der Caritas gekündigt und bietet diese seit 2025 selbst an. Das sei bedauerlich. Für Wohlfahrtsverbände bedeute dies noch weniger Planbarkeit, noch mehr Unsicherheit, keine verlässlichen Strukturen, so der Caritasvorstand. Für Menschen, die sich in existenziellen Krisen befinden sei es zudem schwer zu verstehen, dass sie im Caritaszentrum Heppenheim, welches viele Hilfen unter einem Dach anbietet, keine Schuldnerberatung mehr wahrnehmen können und wieder weggeschickt werden müssten. "Unsere Mitarbeitenden sind die erste Anlaufstelle. Sie sind hochqualifiziert und engagiert und erleben trotz alledem gerade große Unsicherheiten auch in Hinblick auf die eigene Stelle, wenn diese projektfinanziert ist und unsicher ist, ob das Angebot weiterhin aufrechterhalten werden kann."
Besonders dramatisch sei es bei freiwilligen Angeboten wie dem Baby- und Müttercafé in Viernheim oder dem Babycafé in Heppenheim. "Sie sind niedrigschwellige, lebensnahe Orte der Begegnung - und könnten 2026 mangels Finanzierung wegfallen. Das wäre ein herber Verlust für viele Familien und Kinder", so der Caritasdirektor. Angebote wie Babycafés, Demenzgruppen oder präventive Beratung wirkten nachhaltig. Wenn sie wegbrächen, entstünden Lücken, die später teuer, belastend und schwer zu schließen seien. Die Finanzierung durch das Bistumsprojekt "Netzwerk Leben sei bereits in diesem Jahr ausgelaufen. Der Verband könne solche Projekte aber nicht mehr aus Eigenmitteln finanzieren. "In den letzten fünf Jahren gab es ca. 25 % Tarifsteigerungen umzusetzen, nicht alle dieser Kosten werden refinanziert. Die Menschen sind da - aber das Geld fehlt. Die Caritas öffnet Türen - aber sie kann und darf nicht die alleinige Verantwortung für das soziale Netz tragen."
"Wenn die Türen zugehen, ist es zu spät. Deshalb sprechen wir jetzt", so die Caritasdirektorin. Um die Angebote verlässlich weiterführen zu können brauche es auch eine verlässliche Finanzierung und ein klares politisches Bekenntnis, damit die soziale Infrastruktur nicht wegrutsche. "Wir brauchen Planungssicherheit für Personal, Räume und Strukturen. Ohne verlässliche Mittel können wir keine Stellen halten, keine Einrichtungen betreiben und keine neuen Wege gehen. Wir müssen das klar und deutlich sagen: Wer präventiv wirken will, muss uns Planungssicherheit geben - sonst wird aus Vorsorge Krisenbewältigung und dann wird es richtig teuer."
Das Mehrgenerationenhaus im Caritas Zentrum Franziskushaus zeige, was durch Netzwerkarbeit von Wohlfahrtsverbänden, Kirchengemeinden, Ehrenamtlichen, Stadt und Kreis auf die Beine gestellt werden könne. "Das Zentrum ist ein lebendiger Ort der Begegnung, Beratung und Bildung, ein offener Raum für alle Generationen mit vielfältigen Angeboten. Wir sind da, für Menschen, die unsicher, überfordert oder in Not sind. Soziale Angebote sind keine Extras - sie sind Grundpfeiler des Miteinanders", so Andreas Waldenmeier, der Leiter des Caritaszentrums in Bensheim. Insgesamt treffen sich regelmäßig 38 verschiedene Gruppen im Caritas Zentrum Franziskushaus. Rund 55 ehrenamtliche Mitarbeitende engagieren sich freiwillig in unterschiedlichen Projekten im Bereich Mehrgenerationenhaus. Der offene Mittagstisch im Café Klostergarten ist gut besucht, rund 100 Mittagessen gehen täglich von montags bis freitags über die Theke. Insgesamt hat das Haus mit den Sportangeboten in der Kapuzinerhalle, den Mietern im Betreuten Wohnen für psychisch erkrankte Menschen und den Beratungsdiensten im Haus einen täglichen Durchlauf von ca. 230 Menschen. "Die Caritas öffnet Türen. Hoffen wir, dass die Türen weiter offenbleiben können."