Seit dem Aufbruch der Psychiatrie-Enquete der 70er Jahre und der darauf folgenden mannigfaltigen Entwicklung ambulanter gemeindepsychiatrischer Hilfen unterschiedlichster Couleur ist viel in Bewegung geraten. Mit dem Grundsatz „Ambulant vor Stationär“ wurde das damals vorherrschende System stationärer Hospitalisierung und Chronifizierung psychisch kranker Menschen mit offenen, gemeindenahen Hilfsangeboten durchbrochen.
Die grundliegende Struktur der Hilfsangebote blieb hingegen nahezu 40 Jahre lang unverändert: Die Beratung im Face to Face Setting, d.h. die Einzelberatung eines hilfesuchenden Menschen durch eine BeraterIn. Im sogenannten Betreuten Wohnen für psychisch kranke Menschen berät und begleitet standardmäßig ein Beratender einen Klienten. Dies geschieht häufig über einen langen Zeitraum, mitunter über Jahre und Jahrzehnte.
Da betroffene Menschen aufgrund ihrer individuellen Krankheitsgeschichte sehr häufig in sozial isolierten Kontexten leben, führt dies in nicht wenigen Fällen dazu, dass der/die BeraterIn zu einer zentralen Person im sozialen Leben des Betroffenen wird. Nicht selten unausgesprochen zum besten Freund oder Freundin. Die hieraus resultierenden sozialen Interaktionen können dazu führen, dass Menschen sich im Kontext der Hilfeinstitution sehr wohl fühlen, Wertschätzung erfahren, eine soziale Heimat entwickeln.
Ist dies zur Intervention einer krisenhaften Entwicklung kurzfristig ein notwendiges Therapeutikum, kann dies bei längerer Verweildauer zu einer Entwicklung führen, die autonomes Handeln abseits des Hilfesystems verhindert und die im schlimmsten Fall zu einer Chronifizierung des Betroffenen führt.
In der Fachdiskussion wird diese Thematik mittlerweile häufiger problematisiert und mit alternativen Beratungssettings verglichen. Steht das enorme Wachstum der Hilfen im Betreuten Wohnen und auch in stationären Settings hierzu im Kontext?
Wir fragen: Welche Beratungssettings sind nach dem aktuellen Forschungsstand für die Betroffenen hilfreich im Sinn von einem Zugewinn an persönlicher Handlungsfreiheit und Autonomie gegenüber dem Hilfesystem?
Hierüber möchten wir an diesem Abend mit Ihnen diskutieren und streiten.
Zur Veranstaltung
Termin
Mittwoch, den 19. September 2018 um 19:00 Uhr
Ort
Theater im Pädagog
Pädagogstraße 5
64283 Darmstadt
Programm
19:00 Uhr
Begrüßung:
- Stefanie Rhein, Caritasdirektorin
Einleitende Worte:
-
Bastian Ripper, Caritas-Krisendienst Südhessen
19:15 Uhr
Vortrag:
Mit Betreutem Wohnen in die Chronifizierung? Abhängigkeit statt Autonomie?
Von Holzwegen, Irrwegen und Auswegen.
- Dr. Volkmar Aderhold, Dozent am Institut für Sozialpsychiatrie Universität Greifswald
20:00 Uhr
Kurze Pause
20:15 Uhr
Vortrag:
Multiprofessionelle ambulante Teams im Betreuten Wohnen – ein Erfahrungsbericht.
- Thomas Vogelsang, Fachlicher Leiter vom Pinel Netzwerk Berlin
20:45 Uhr
Spontan & Kontrovers: Bierdeckel-Fragen an Thomas Vogelsang und Dr. Volkmar Aderhold
ca. 21:00 Uhr
Veranstaltungsende
Fragen zur Veranstaltung beantwortet gerne:
Bastian Ripper, Vorstandsreferent
Caritasverband Darmstadt e. V.
Heinrichstraße 32 A
64283 Darmstadt
Telefon: 06151 – 99 91 33 oder
b.ripper@caritas-darmstadt.de