Glücksspielsucht gilt heute als eigenständiges Krankheitsbild und ist seit 2001 von den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern als behandlungsbedürftige Krankheit anerkannt.
Hohe Gewinnaussichten, gute Quoten, vermeintlich sichere Tipps und die eigenen Sportkenntnisse animieren viele Menschen, sich an Sportwetten zu beteiligen. Über 37.000 Menschen in Hessen haben Probleme mit Glücksspielen, darunter fallen auch Sportwetten.
Die Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS) und die örtlichen Fachberatungen für Glücksspielsucht, weisen mit einer landesweiten Öffentlichkeitsaktion aktuell auf Risiken von Sportwetten hin, so auch in Darmstadt.
Sportliche Großereignisse wie die diesjährige Fußball-Weltmeisterschaft erhöhen die Attraktivität von Sportwetten. Hierbei wird selten in der Öffentlichkeit thematisiert, dass Sportwetten Glücksspiele sind, ihr Ergebnis maßgeblich vom Zufall abhängt und Suchtrisiken mit ihnen verbunden sind. Bereits Jugendliche zocken munter mit, sei es in Sportwettbüros, im Internet oder auf dem Handy, trotz der gesetzlichen Teilnahmebeschränkung ab 18 Jahren.
Auf diese Problematiken und Risiken von Sportwetten machten die beiden Caritasmitarbeiterinnen vor dem Bismarck-Denkmal mit einer riesigen Bodengrafik aufmerksam und kamen durch Aussagen wie "Ich sag mir: Wer viel spielt, verliert viel!" mit den Menschen ins Gespräch und in die Diskussion.
Gerade Sportwetten werden zunehmend online per Smartphone abgeschlossen. Dabei ist das Umgehen der Alterskontrolle besonders einfach. Der Jugendschutz, der Minderjährigen die Spielteilnahme untersagt, muss seitens der Anbieter sichergestellt und durch Kontrollen der Behörden überprüft werden, fordert die Landeskoordinatorin für Glücksspielsucht der HLS, Daniela Senger-Hoffmann. "Gerade junge Menschen zwischen 14 und 16 Jahren sind für die Risiken des Glücksspielens besonders empfänglich. Das Erzielen eines kurzzeitigen Erfolges führt zu einer Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, riskante Folgen werden nicht bedacht. Die Gefährdung für eine spätere Problementwicklung ist groß", mahnt Senger-Hoffmann an.
Frühzeitige Hilfe ist wichtig
Je früher Glücksspielsucht erkannt wird und sich der Betroffene seine Probleme eingesteht, desto besser sind auch die Chancen, sich ohne weitere finanzielle, gesundheitliche und seelische Schäden aus der Abhängigkeit zu lösen.
Ein Hilfeangebot findet sich in Darmstadt in der Wilhelm-Glässing-Straße 15-17. Dort beraten Helga Lack und Cindy Ziergiebel in der Suchtberatungsstelle des Caritasverbandes Darmstadt e. V. Betroffene und Angehörige zu ihren Fragen zur Glücksspielsucht.
Nach repräsentativen Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind in Hessen 33.000 Menschen an Glücksspielsucht erkrankt. Helga Lack und Cindy Ziergiebel sind für die Stadt Darmstadt, den Landkreis Darmstadt-Dieburg und den Kreis Groß-Gerau zuständig, dort leben demnach rechnerisch rund 4.000 Spielsüchtige. Da nur vergleichsweise wenig Betroffene sich Hilfe suchen, muss auf die Prävention ein starkes Augenmerk gelegt werden. Eine Reduzierung der Verfügbarkeit über längere Schließzeiten der Spielhallen und gesetzliche Abstandsregelungen seien dringende Forderungen für einen wirksamen Spielerschutz.
Die beiden wissen was es bedeutet, wenn die Glücksspieler in der sogenannten Verzweiflungsphase ankommen. "Da schrecken die Väter nicht mal mehr vor den Sparbüchern ihrer eigenen Kinder zurück. Die Verschuldung ist immens. Die Menschen sind existentiell am Ende, die Suizidgefahr ist viermal so hoch wie bei anderen Süchten." Da bei der Spielsucht gute Heilungschancen bestünden, sei es wichtig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um zu erfahren, wie man mit Spielabhängigkeit umgeht. Pro Spieler sind 10-15 Menschen von der Sucht mitbetroffen, z.B. Angehörige, Freunde, Kollegen. Sie leiden teilweise erheblich unter den Auswirkungen der Spielsucht und haben bei der Fachberaterin im Suchthilfezentrum ebenfalls die Möglichkeit, Hilfe zu bekommen.
Die Caritasmitarbeiterinnen beraten kostenlos und anonym und vermitteln auch in unterstützende ambulante und stationäre Behandlungen. Jeden Dienstag trifft sich außerdem eine Selbsthilfegruppe für Glücksspielabhängige zwischen 18.00 - 20.00 Uhr in der Fachklinik am Birkenweg 17, in Darmstadt. Hier kann jeder vorbei kommen und sich mit anderen Betroffenen austauschen
Hintergrundinfo:
Um den Weg in die Glücksspielsucht zu vermeiden und den bereits Betroffenen wie auch Angehörigen Hilfen anbieten zu können, finanziert das Land Hessen seit 2008 an 15 Standorten Fachberatungen für Glücksspielsucht, die in das bestehende hessische Suchthilfesystem integriert sind. Weiterhin stellt das Land Mittel für eine landesweite Koordination bei der HLS zur Verfügung. Diese zusätzlichen Personalstellen werden von dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration und vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages bereitgestellt.